Bis vor 10 Jahren wussten die wenigsten Menschen mit dem Wort Gluten wenig bis gar nichts anzufangen. Mal davon abgesehen, dass es wenig bis gar keine glutenfrei Produkte zu kaufen gab, geschweige das man wusste wieso man sie überhaupt kaufen sollte. Heute findet man selbst im entlegensten Supermarkt und in jeder Drogerie glutenfreie Produkte. Auch bei meinen Klienten merke ich ein immer größeres Interesse an Gluten und einer damit verbundenen Ernährung,  glutenfrei selbstverständlich.

In erster Linie konsumieren wir Gluten über Weizen. Der Durchschnittsdeutsche isst pro Jahr rund 87 Kilo Backwaren und zusätzlich rund 11,5 Kilo Nudeln und Reis. Aber Gluten steckt auch noch in anderen Getreidesorten wie Roggen, Dinkel, Gerste, Kamut und Bulgur. Weltweit zählt Gluten zu den gebräuchlichsten Lebensmittelzusätzen (Stabilisator z.B. für Margarine oder Streichkäse) und findest sich darüber hinaus auch in vielen Körperpflegeprodukte (z.B. Haarspülungen oder Wimperntusche).

Was ist überhaupt Gluten?

Gluten, der lateinische Ausdruck für Leim (also Klebstoff), ist eine klebrige Eiweißverbindung, die unter Zugabe von Wasser aus staubigem weißen Pulver eine elastische Masse bildet, aus der wir Brotlaibe, Brötchen, Croissants, Kuchen, Pizza, Nudeln und andere Leckerein formen können. Gluten ist ein Molekül, das aus zwei Hauptproteinen besteht – Gluteninen und Gliadinen. Der Mensch kann auf eines oder beide dieser Proteine allergisch reagieren.

In der ausgeprägtesten Form nennt sich diese allergische Reaktion des Körpers Zöliakie. Hierbei bewirkt Gluten eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut. Dadurch können Nährstoffe nur schlecht aufgenommen werden und Nahrungsreste bleiben oft unverdaut im Darm. Die Symptome und Schwere der Erkrankung können sehr unterschiedlich sein und reichen von Verdauungsbeschwerden, Erbrechen und Übelkeit über Mirgäne, Diabetes und Krebs bis hin zu neurologischen Problemen wie Demenz, Alzheimer, Epilepsie, Parkinson, Schizophrenie und Autismus. Außerdem lässt Zöliakie Kinder nur schwer und langsam wachsen.

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Zöliakie aus historischer Sicht

Auch wenn in der heutigen Zeit die Verbindung zwischen Weizenmehl und einer Überreaktion des Verdauungstraktes immer mehr Aufmerksamkeit und damit wissenschaftliche Studien auf sich zieht. So ist sie jedoch bekannt seit Menschen Getreide anbauen. Die ersten Beschreibungen von Zöliakie reichen bis uns erste Jahrhundert n.Chr. zurück, als der griechische Arzt Aretäus (eine Koryphäe der damaligen Zeit) die Erkrankung in einem medizinischen Lehrbuch aufgriff. Im 17. Jahrhundert fand das niederländische Wort ’sprouw‘ als ‚Sprue‘ Eingang ins Englische. Es bedeutet ‚chronischer Durchfall‘. Also eines der typischen Symptome der Zöliakie.

Der englische Kinderarzt Dr. Samuel J. Gee zählte zu den Ersten, die die Bedeutung der Ernährung für Betroffene erkannte. Damals wusste man allerdings noch nicht welcher Bestandteil diese Überreaktion des Körpers auslöste und die Ernährungsempfehlungen fielen sehr unterschiedlich aus. So empfahl beispielsweise der amerikanische Kinderarzt Sidney V. Haas 1924 seinen kleinen Patienten mit Erfolg Bananen statt Brot zu essen. (Wobei die Bananen natürlich kein Heilmittel per se waren, sondern einfach nur kein Gluten gegessen wurde.) Aufgrund der positiven Wirkung war die Bananendiät zur damaligen Zeit sehr beliebt.

Bis der niederländische Kinderarzt Dr. William Karel Dicke während des 2. Weltkriegs die Verbindung zwischen Zöliakie und Weizenmehl entdeckte. Als Brot und Mehl knapp waren, stellte Dr. Dicke fest, dass die Sterblichkeitsrate von Zöliakie betroffenen Kinder praktisch auf Null zurückging. Mit der Technik der Dünndarmbiopsie konnte zwischen den 50er und 60er Jahren die Verbindung von Gluten und Zöliakie wissenschaftlich nachgewiesen werden.

Zöliakie light

Heutzutage finden sich zunehmend leichtere Formen der Zöliakie. So reagieren manche Menschen beispielsweise nur auf Weizenprodukte. Dinkel-, Roggen- oder Gerstenprodukte werden aber relativ problemlos vertragen. Diese Ausprägung der Zöliakie wird unter dem Namen Weizenallergie geführt. Die wohl leichteste Form der Zöliakie ist die Glutensenitivität. Hier fehlt oftmals die typische Darmsymptomatik, aber Bluttest ergeben dann eine deutliche Erhöhung der Gluten-Antikörper. Menschen mit Glutensensitivität können ähnlich Symptome wie Zöliakiepatienten entwickeln – Krämpfe, Bauchschmerzen und Durchfall wechseln sich mit Verstopfungen ab, emotionale Unausgeglichenheit und/ oder Gelenk- und Muskelschmerzen.

Studien zeigten, dass alle Betroffenen von einer glutenfreien Ernährung profitieren und ihre Symptome verschwinden. Sobald jedoch wieder Gluten verzehrt wurde kehrten die Symptome sofort zurück?

Anzeichen für Glutensentitivität

Nicht jeder rumpelnde Bauch, Kopfschmerz oder gähnende Müdigkeit besagt, dass sensibel auf Gluten reagiert, aber einmal genauer hinzu schauen und vielleicht das eine oder andere Symptom mal beim nächsten Arztbesuch abklären lassen, kann nicht schaden. Hier findest du vier Anzeichen für eine mögliche Glutensensitivität:

  1. Oberer Verdauungstrakt: Menschen mit Glutensensitivität fühlen sich oft aufgebläht, leiden an Sodbrennen und bekommen Bauchschmerzen oder fühlen sich nach dem Essen unwohl. Oftmals fühlt es sich an, als ob man einen Stein im Bauch hat, der nicht verdaut werden kann.
  2. Unterer Verdauungstrakt: Gluten kann bei Glutensenitivität Durchfall oder Verstopfungen oder beides verursachen. Also die gleichen Symptome wie beim Reizdarmsyndrom. Bei beiden Erkrankungen verschwinden die Symptome wenn auf eine glutenfreie Ernährung umgestellt wird.
  3. Mentale & Emotionale Schwierigkeiten: Gluten kann die Ursache für mentale Benommenheit (brain fog), Depressionen, Angstzustände und Müdigkeit sein. Diese Symptome werden oftmals unter den Teppich gekehrt, insbesondere wenn keine Darmsymptomatik im Spiel ist. Aber sobald Betroffene sich glutenfrei ernähren, lichtet sich der Nebel. Sie sind mental klarer, haben mehr Energie und weniger Stimmungsschwankungen.
  4. Schmerzen: Menschen mit Glutensensitivität berichten oft über Schmerzen im gesamten Körper. Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopfschmerzen und/oder eingeschlafenen Hände und Füße. Sobald sie jedoch auf Gluten lindern sich die Scherzen, um bei Inkonsequenz sofort wieder zu kommen.

 

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Glutenfrei trotz Glutenverträglichkeit?

Schätzungen zufolge reagiert mindestens jeder Zehnte auf Gluten. Wobei aus neurologischer Sicht möglicherweise jeder von uns empfindlich auf Gluten reagiert wie die Wissenschaftler um Dr. Christine Zioudrou herausfanden. Gluten verändert sich nämlich im Magen zu einem Polypeptid-Gemisch. Diese können die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen – unabhängig davon, ob wir Gluten vertragen –oder nicht. Dort docken sie an Morphinrezeptoren des Gehirns an, denselben Rezeptoren an denen auch Opiate ansetzen und erzeugen ein Stimmungshoch. Zioudrou und ihre Kollegen nennen diese Polypeptid-Verbindung ‚Exorphine‘, eine Kurzform für außerhalb des Körpers entstandene, morphinartige Substanzen.  Ähnlich wie Opiate haben sie die gleiche und suchterzeugende Wirkung.

Solange wir also Gluten verzehren, erzeugt unsere Verdauung morphinartige Substanzen, die sich an die Opiatrezeptoren im Gehirn anheften. Die Belohnung ist eine leichte Euphorie. Man dencke nur an das Glücksgefühl nach dem Stück Kuchen und der Pizza! Wenn diese Wirkung blockiert oder keine Nahrung verzehrt wird, deren Verdauung Exorphine erzeugt, kann es bei manchen Menschen zu einem ausgesprochen unangenehmen Entzug kommen. Dieser jedoch nach ein paar Tagen glutenfrei problemlos wieder verschwindet.

Zudem zeigen neurologische Ergebnisse einen direkten Zusammenhang zwischen Gluten und Alzheimer, Demenz, Parkinson, Autismus, Ataxie, Multiple Sklerose, Dystonie, Epilepsie, Depressionen, Burn-Out, Kopfschmerzen, Migräne, ADHS, Angstzuständen, Autoimmunerkrankungen (Typ-1-Diabetes, Hashimoto, Rheuma, etc.). Alle aufgelisteten Krankheiten zeigen positive Wirkungen auf eine glutenfrei Ernährung.

 

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Glutenfrei ernähren – geht das überhaupt?

Wenn man durch die Supermarktregale schlendert, findet man heutzutage außer bei den Haushaltswaren und in der Obst- und Gemüseabteilung, so gut wie keine natürlichen glutenfreien Nahrungsmittel. Es gibt meterlange Regale mit diversen Backwaren, Nudeln, Chips und natürlich Fertiggerichten. Wie soll man denn da glutenfrei essen? Ganz einfach. Man halte sich an frische, möglichst unverarbeitete Nahrungsmittel wie Gemüse, Obst, Nüsse und in Maßen tierische Produkte wie Fleisch, Fisch oder Käse. Kurz gesagt, man halte sich an all die Produkte, die unsere Groß- bzw. Urgroßeltern in ihrer Speisekammer hatten. Und man meide alle Lebensmittel, die länger haltbar sind als man selbst und deren Namen man auf der Zutatenliste nicht aussprechen kann.

Um die Frage zu beantworten, die uns hierher gebracht hat: Kann eine glutenfreie Ernährung meine Gesundheit verbessern? Die Antwort hängt von dir ab. Ich habe hier ein paar Fakten über Gluten und den damit verbunden Problemen zusammengetragen, aber welche Schlüsse du letztlich daraus ziehst, bleibt dir überlassen. Ich ermutige dich dich auszuprobieren und mit offenem Geist deine eigenen Konsequenzen daraus zu ziehen und bei Bedarf eventuell einen Arzt oder Heilpraktiker aufzusuchen, die eine ganzheitliche Sichtweise vertreten. Vielleicht ist ja auch der eine oder andere Test sinnvoll? Wenn dieser Artikel bei dir das eine oder andere Lämpchen hat aufleuchten lassen, so hoffe ich, dass du auf dich und deinen Körper hörst. Womöglich befasst du dich jetzt mit dem Thema intensiver. Hier findest du ab Oktober viele interessante Themen, Ratschläge und glutenfreie Rezepte: www.glutenfrei-challenge.de

Schau‘ einfach mal vorbei!

Vielleicht hast du ja schon die eine oder andere Hürde auf dem Weg zu einem gesünderen Selbst genommen und/ oder gesundheitliche Erfolge erfahren. Dann teile sie gerne unten in den Kommentaren.

Alles Gute
Sabrina

 

P.S.: Hier noch eine Liste mit Produkten, die Gluten enthalten können:

  • viele Fertiggerichte
  • Pommes (als Überzug, damit sie nicht aneinander kleben)
  • Kartoffelecken
  • Kroketten
  • Fischstäbchen
  • Wurstwaren
  • Fertigsuppen
  • Gewürzmischungen
  • Mayo, Senf, Ketchup, Fertigsaucen, Sojasauce
  • Seitan
  • Chips, Flips, etc.
  • Eiscreme, Schokolade
  • viele Kosmetika (Mascara, Lippenstift, Shampoo)
  • Arzneimittel
  • Briefmarken und Umschläge

 

Quellen und weiterführende Literatur:
Dr. William Davis „Weizenwampe – Warum Weizen dick und krank macht“
Dr. David Perlmutter „Dumm wie Brot – Wie Weizen schleichend ihr Gehirn zerstört“

www.drperlmutter.com
www.wheatbellyblog.com
www.healthspringholistic.com
www.dzg-online.de